Am Morgen endlich Entspannung. Die Wolkendecke reißt auf, Sonne. War es richtig, gerade jetzt diese Fahrt zu machen? Meine Unsicherheit verbreitet nicht gerade die beste Stimmung. Irgendwie vergeht mir die Lust, aber gleichzeitig tut es mir schrecklich Leid, wenn wir die Schönheit der Loire versäumen! Kälte, Hunger, persönliche Unsicherheit, auf längeren Touren kann einem schon mal der Frust erwischen. Hauptsache, nicht alle auf einmal. Die ersten Tage muss immer vieles neu eingelernt werden, gegen Ende der Tour hat man sich dann perfekt zusammen gespielt, die Handgriffe sitzen.
Das ungewisse Wetter macht es im Moment nicht leichter, aber die Etappen sind ohnehin kurz gewählt, damit wir von Land und Leute mehr mitbekommen. Demnach kommen wir heute nur bis Diou (km 379), auf den knapp 30 hindernisfreien Flusskilometern können wir uns bei dieser Strömung oft treiben lassen.
Wir genießen die Naturbelassenheit des Flusses. So frei fließend unreguliert sah die Donau vor 40, 50 Jahren aus. Das Wasser ist durch die Regenfälle trübe geworden, bei normalen Wasserstand wäre es wohl klar, mit Inseln und endlosen Schotterstränden. Buschgruppen und Weiden wechseln sich mit Viehweide ab, weiße Kühe schauen zufrieden zu uns herunter.
Nur selten erblickt man eine Ortschaft gleich am Fluss, der, wie die natürlichen Hochwassermarken in der Landschaft zeigen, einen Ausdehnungsbereich von mehreren Kilometern rechts und links bekommen hat und dort einfach machen kann, was er will. Mit jedem Hochwasser werden die Biegungen anders durch die alte Kulturlandschaft gelegt, werden Inseln versetzt und etwaige alte Strassen durchschnitten. Deren zerfranste Asphalt-Enden lugen da und dort über die Böschung. Bislang war es also unrentabel, den Lauf der Loire zu bändigen, auch die parallel laufenden Kanäle sind Relikte. Freier Natur-Energie-Fluss als Kontrapunkt zum Drama der Atomkraft - doch geplante Kraftwerke werden auch hier eine zukünftige Gefahr für diese Ursprünglichkeit bleiben.
Gemütlich laufen wir am Nachmittag Diou an. Den Campingplatz finden wir nicht auf Anhieb, die große Hinweistafel (DKV-Führer) ist weg und vom Fluss ist nichts zu sehen. Ein paar Einheimische am Ufer weisen hilfsbereit zum Ausstieg weiter unterhalb.
Ausser einem holländischen Camper sind wir allein am Platz, genießen Komfort und Ruhe in den Duschen - und haben Hunger. Das Mysterium der stillliegenden Gastronomie bleibt ein wermutartiger Fleck in der Idylle. Dabei machen im DKV-Führer Gabel und Messer hier ein X. Ein geschlossenes X in einem kleinen, sehr ruhigen Ort?
Wir finden die Hinweistafel "Restaurant Tradition", ohne Richtungs- und Entfernungsangabe. Wieder helfen uns 2 Einheimische, die wir im Vorgarten erwischen mit "Händen und Füßen" weiter. Sie schicken uns zum Bahnhof. Dort ist das Restaurant "Tradition". Es ist ein kleines Lokal, wo vor allem Einheimische auf Vorbestellung nur am Abend ihr Essen bekommen. Die Wirtin spricht ein wenig Deutsch, springt über ihren Schatten und kreiert ein "vegetarisches Gericht" extra für uns! Pommes mit Nudeln und Karottensalat. Zur Rettung ein Glas Bordeaux. Mit Baguette und Käse natürlich!
"Sag nur ein Wort..." - das Kirchlein von Diou |
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