Fulda - Weser und Loire

Freitag, 13. Juli 2012

Regen vom pittoresken Pouilly bis Cosne-sur-Loire

Der Morgen in Pouilly ist Regen verhangen, aber trocken. Die zwei deutschen Väter mit ihren 2 superaufgebauten Töchtern (beide um die 4) haben gestern ihren Volvo-Kombi nachgeholt und laden ihren Gatz 4er Kanadier auf die Dachreling. Die große Paddlergruppe aus Havelberg hat uns seit meinem letzten Gesprächsversuch gestern Abend stoisch ignoriert, auch sie packen ihre Sachen in die Autos. Warum?

Eine Schlechtwetterfront naht, wir haben seit Nevers keine Wettervorhersage mehr  mitbekommen und sind sorglos in den Tag gepaddelt. Nun brauchen wir weder Zeitung noch Radio, es genügt ein Blick zum Himmel. Was mich wirklich wurmt ist, dass keiner unserer freudlichen Nachbarn auch nur ein Wort über die Wettersituation verloren hat, so sie wirklich so dramatisch sein sollte, dass anzuraten sei, eine Tour abzubrechen. Nun verdrücken sich alle Wort- und Grußlos.
Bald beginnt es wirklich zu gießen und wir sitzen es im Zelt aus.  Optimismus hilft. In einer Regenpause bauen wir ab und kommen halbwegs trocken weg. Allein das ist schon eine Freude.

Die Fahrt auf der Loire zwar mit Spritzdecke, aber nur bei zeitweiligem Nieselregen. Schöne Naturstrecke, überflutete Sandbänke, Strömung, Reiher auf gelegentlichen Felsen im Fluss. Selbst unter den grauen Fetzen der Regenwolken sehen die Weinberge von St. Thibault (ca. km 515) malerisch aus. Auch hier keine deutschen Paddler zu sehen.

Wechselhaft feucht bis trübnass windig
Nach den feucht-kalten 17 km sehen wir die Brücke von Cosne-sur-Loire (km 523), davor links am Ufer ein Berg schriller PE-Boote eines Kanuverleihs, dahinter der Campingplatz mit einer Busladung von deutschen Kanutouristen, die triefend und frierend mit roten Ortlieb-Säcken unter den Bäumen auf ihren Bus warten. Gerade jetzt regnet es in Strömen, die Bäume bieten keinen Schutz mehr. Die Leute sind durchnässt und fertig, wollen nur mehr ins Warme und Trockene.
Wir sind gut ausgerüstet, haben wärmeisolierende Neoprensachen an, gute Jacken und Kopfbedeckungen.  Die Beine sind inzwischen abgehärtet. Wir spüren, wie warm uns eigentlich ist, wenn wir den erbärmlichen Haufen frierender Touristen sehen.

Die Rezeption ist voll mit triefend nassen Leuten, die hier vor dem Wetter Schutz suchen. Das französische, mehrsprachige Personal, zwei junge Frauen (eine schwarz, die andere weiß) und ein junger Mann, nimmt das Gedränge gelassen hin. Sie schauen zuerst verwundert bei unserem Wunsch, für eine Nacht zu zelten, scheinen sich aber zu freuen, dass es noch unkomplizierte Gäste gibt, denen das Wetter nichts ausmacht. Mit einem großzügigen Rabatt überlassen sie uns den kompletten, mehrere Hektar großen Platz, er ist abgesehen von ein paar versteckten Dauercampern so gut wie leer.
Die Boote warten mit Persenning und Spritzdecke versehen am Ufer auf unseren Einsatz. Es schüttet immer noch, das Aufstellen muss jetzt entweder gar nicht oder sauschnell gehen, sonst ist alles nass. Wir besprechen unter einem Baum die Taktik. Alle eingeübten Handgriffe müssen im Feuerwehrtempo durchgezogen werden, ohne in Fusselei und Hektik zu geraten.
Zuerst laufe ich auf die Campingwiese und suche eine geschützte Stelle unter einer der ausladenden Eichenkronen. Zurück zu den Booten. Nur mit dem Zeltsack laufen wir zu zweit zur ausgewählten Stelle. Zuerst die Zeltstange zusammen setzen. Selbst unter der dichten Baumkrone ist der schnell ausgerollte Unterboden sofort nass geregnet. Zelt mit Schwung darüber, mit 3,4 Heringen verankern, Stange hinein, hoch und verschließen. Nun kann ich seelenruhig abspannen und mit dem Schwamm die Feuchtigkeit vom Unterboden beseitigen.

Bald sind unsere Sachen im Trockenen und der riesige Platz gehört uns allein.  Wir sind gut drauf! Doch zum Erkunden der Stadt regnet es zu sehr. Lange heiße Dusche, Abendessen im Zelt, kurze Ruhe und höre da! Regenende. Nun schlendern wir in die Altstadt von Cosne, alles hat schon zu, aber wir finden einen Supermarché für morgen, umrunden alte Kirchen. Einsetzender Regen treibt uns wieder zurück.

Ruhe im Kanal von Cosne
In der Rezeption des Zeltplatzes sehen wir einige Flaschen Rosé im Regal stehen. Wir wählen eine aus. Nur muss ich schnell zum Zelt, um Kleingeld zu holen. Wieder zurück nehme ich nach dem Zahlen die Flasche in Empfang, bei der Berührung durchfährt mich ein freudiger Schreck. Sie ist wunderbar gekühlt! Der Rezeptionist hat in meiner kurzen Abwesenheit die zimmerwarme Flasche aus dem Regal gegen eine wohltemperierte getauscht! Ich bin total weg. Grinsend wünscht er uns einen schönen Abend.

Eigentlich fühle ich mich längst reif für den Schlafsack, auf dem Weg von den Waschräumen werde ich von Rockmusik abgelenkt. In dem kleinen Gemeinschaftshaus neben der Rezeption ist ein Michael Jackson Darsteller angesagt. Eintritt frei. Es wundert mich, dass die Veranstaltung bei diesem Wetter auf dem fast leeren Campingplatz statt findet. Drinnen verrenken weiße Tänzerinnen zu einem der bekannten Hits ihre Gliedmaßen im Bühnenrauch, dazu eine dünne Gestalt in schwarzem Kostüm, schwarzer Perücke und den typischen Sonnengläsern stößt fiepsende Laute schäg zur Lautsprechermusik in ein Mikrofon.
Ich packe es anfangs gar nicht, mein Lachen geht im frenetischen Applaus einer bunten Schar begeisterter Einheimischer unter.  Die Figur ist doch eine tragikomische Farse auf den entstellten Michael Jackson, bald gehe ich wieder, aber die Songs sind trotzdem gut und wiegen mich in den Tiefschlaf.








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