Fulda - Weser und Loire

Donnerstag, 30. Juni 2011

Anfahrt nach Bad Hersfeld

Auch wenn man es nicht wahrhaben will, die  Fahrt auf der Autobahn ist gewiss der gefährlichste Teil der Bootstour. Es sind Gefahren denen wir täglich ausgesetzt sind, die wir selbstverständlicher hinnehmen als Regen und Hagel und die uns überrumpeln, denn statistisch gesehen passieren die meisten Unfälle bei gutem Wetter und trockener Fahrbahn.

Autofahren ist fixer Bestandteil des Sports mit starren Booten. Doch nicht nur das fahrende Auto ist ein Problempunkt, sondern auch das am Einstieg zurück gelassene, herrenlos herumstehende. Es ist also gut, 1. ein unauffälliges Modell zu haben und 2. einen guten Riecher für einen sicheren Parkplatz. Das Fahrzeug täglich zu holen ist sehr lästig und zeitaufwändig, es sei denn man hat jemanden, der/die daneben mit fährt. Eine Möglichkeit ist das gebührenpflichtige Abstellen auf einem Campingplatz aber in vielen Fällen ist es kein Problem das Fahrzeug mit einer kleinen Spende an den Verein am Parkplatz eines Kanuklubs unterzubringen, der Rest ist Vertrauenssache. Der Vorteil ist, dass die Leute vor Ort die Gegend gut kennen und wenn geht ein Auge darauf werfen.

Der Verkehr auf der Autobahn nach Bad Hersfeld an der Fulda resultiert aus dem täglichen normalen Wahnsinn. Baustellen, Unfälle, LKW-Kolonnen, Staus as usual.  Manchmal Sonne, dann Regen, insgesamt  Abkühlung. 
Das erste Mal in der Gegend müssen wir ein wenig suchen, bis wir den Verein Kanuwanderer e.V. Bad Hersfeld am Stadtrand finden. Seine Webseite im  Internet hat uns bewogen hier den Startpunkt zu planen. Über Satellitenbilder kann man sich einen gewissen Eindruck verschaffen, aber wie es wirklich aussieht, das erkennt man erst vor Ort. Dieses kleine Abenteuer gehört nun mal dazu. 
Der freundliche Empfang des 2. Vorsitzenden Klaus-Peter Sauerwein gibt uns die Gewissheit, hier richtig zu sein. Ein sehr schönes Klubhaus, saubere Waschräume, und auch der Stellplatz des PKWs für zwei, drei Wochen kann arrangiert werden. Allerdings sollen wir unser Fahrzeug hinter einen Busch stellen, denn manchmal gibt es in der Gegend kleine Vandalenakte wie umgeworfene Mülleimer oder zugeschmierte Hinweistafeln. Außerdem ziehen ab und zu Zigeunerfamilien durch, die Lagermöglichkeiten suchen.  Daher werde das Gelände durch zwei Schranken abgesperrt. Wir haben Glück meint er, gestern hatte er 60 Jugendliche hier herumlaufen, heute ist es ruhig hier. Nein, sie haben keine Jübermann-Karten von Fulda und Weser hier, doch Sauerwein borgt uns einen vereinseigenen DKV-Flussführer aus dem Jahr 1991. Für diesen Vertrauensbeweis bin ich ihm sehr verbunden.

Nach dem schon ganz gut funktionierenden Zeltritual machen wir uns an eine abendliche Besichtigung der Kurstadt Bad Hersfeld. Auf gut Glück wandern wir entlang der Fulda los und finden uns bald im eher abgelegenen Gässchen des Stadtgründers Lullus wieder, bestaunen eine herrliche Villa neben der anderen. Ein kurzer Blick in die Altstadt geht sich noch aus, stetig verdunkeln mächtige Wolken den Abend, es regnet leicht, wir beschließen die Besichtigung am Morgen fort zu setzen. 
Am Rückweg geraten wir in eine Schafherde, die vom Hirten mit seinem Hund in den Stall getrieben wird.
In der Nacht weckt uns ein bekanntes Geräusch: Regen prasselt sanft auf das Zelt.

Dienstag, 28. Juni 2011

Noch eine Runde in Mecklenburg vor dem großen Start

Vom Röblinsee zum Kleinen Pälitzsee und retour 


 Aufbruchstimmung am Standort Röblinsee
                                           
Der Zeltplatz am Röblinsee ist als Standplatz recht gut, allerdings für Eintagestouren mit der Zeit eintönig, da es nur zwei Richtungen gibt. Wie gestern die Havel abwärts Richtung Stolpsee, oder aufwärts Richtung Ellbogensee. Wenn man am selben Tag zurück sein will, war es das schon. Es empfiehlt sich also von hier Mehrtagestouren zu planen, um in andere Regionen zu kommen. Das wird in der Regel auch so gemacht. Da wir nur drei Tage bleiben wollen, bietet sich an, nach einem Paddeltag in westliche Richtung einen Campingplatz zu suchen und am Tag darauf die selbe Strecke retour zu nehmen. Es dauert einfach ein paar Tage, bis man mit dem ganzen Gepäckskram zurecht kommt, die Trimmung des Bootes passt und man weiß, welches unnötige Zeug im Auto bleiben kann. Meist nimmt man, aus Sorge, auf einer längeren Tour geht einem etwas ab, zu viel mit und es ist gut, wenn es dann nicht wochenlang unnötig herum geschleppt wird. Und so werden gleich am Anfang entbehrliche Dinge im Auto mitgeparkt.

Endlich kann es losgehen. Noch lange sind wir nicht perfekt, durch das ausgedehnte Morgenritual und die logistische Herumfeilerei wird es beinahe Mittag bis wir auf dem Wasser sind. O.k., noch fällt das was wir machen unter die Kategorie Badeurlaub und entspannte Einstimmung auf die Tour.

 
Schleusenanlage Steinförde



Die Havel und die dazwischen liegenden Seen werden von vielen Motorjachten frequentiert. Ich sage es gleich, wir sind keine Freunde der Motorboote, wegen der schlechten Erfahrungen auf der Donau. Aber in den Gewässern von Mecklenburg geht es sehr gesittet zu. Die kolossalen Motorboote tuckern mit Schrittgeschwindigkeit auf eng bemessenen Fahrtrinnen dahin und an den Schleusen hat man als Paddler das Privileg, sich ganz vorne in der Warteschlange einzureihen.
Unter den Hobbykapitänen sieht man überdurchschnittlich viele schwergewichtige Männer, die sich gebärden, als hätten sie das Schiffspatent für alle Weltmeere. Es macht nichts, Kinderträume hinterlassen verschiedene Spuren im Erwachsenen, die einen paddeln ihr "Schiff" oder "Indianerkanu", die anderen stehen hinter dem Steuerrad einer gemieteten Luxusjacht. Es ist doch herrlich, wenn man seine Träume auf so harmlose Weise ausleben darf.
Warum es in Mecklenburg so gut funktioniert und auf der Donau z.B. nicht, das ist eine andere Frage.

Eine Testfahrt mit vollem Outfit unter angenehmen Bedingungen
     
Hinter dem Wanderpaddeln steht auch die Lust auf Reduzierung, Verwilderung, soziale, naturbezogene Freiheit. Sicher sind Paddeltechnik und Raffinesse in der Ausrüstung neben guter Orientierung und Einschätzung der jeweiligen Situation
ein pragmatisches immerwährendes Lernfeld. Dazu kommt die körperliche Fitness. Aber die Krönung ist die Abnabelung von zivilisatorischer Scheinsicherheit, die Erlangung neuer mentaler Kräfte. Es ist ein sehr persönliches Ziel, das kaum mitteilbar ist, da es für den "Durchschnittsmenschen" abstrakt klingt, oder so aufgefasst wird, dass es nicht erstrebenswert ist. Bei zwei, drei Tagen auf dem Wasser ist diese Krönung meist noch in unbestimmter Ferne, das weiß man. Und man ist glücklich, eine ausreichend lange Tour vor sich zu haben.

Menowsee - Ziernsee - Ellbogensee - Baden an einer einsamen Stelle. Das Wetter sonnig, heiß, wolkenlos. Wir feiern diesen göttlichen Nachmittag in einem Restaurant an der Schleuse Strasen. Das Essen ist hier überall phantastisch, die Portionen riesig. Es wundert uns nicht, dass bei dieser Gastronomie sie viele Übergewichtige herumlaufen. Wären wir länger in der Gegend, würde uns trotz sportlicher Aktivitäten das gleiche Schicksal treffen. Prall spannt sich der körpereigene Auftriebskörper. Dabei wäre es doch viel ratsamer den übers Jahr angesammelte Bauchspeck abzuarbeiten, anstatt bei deftigen Preisen das Reisebudget vorschnell wegzuschmelzen. Doch Essen gehört nun mal zum Kulturgenuss.
Ganz entspannt erreichen wir den Kleinen Pälitzsee, wo wir meine Eltern irgendwo treffen könnten. Auf gut Glück laufen wir den Campingplatz Pälitzsee an, von weiten sehen wir die Terrassen voll mit Caravanen, Stege mit Motorbooten, reger Betrieb auf den breiten Wegen zwischen den Föhren. Von Eltern keine Spur. Wundert mich nicht. Der Platz bietet keine Idylle. Doch es gibt eine Anlegestelle für Paddler. Da es schon spät ist, müssen wir diese Option ins Auge fassen. Auf dem ersten Blick gibt es hier nur zwei bescheidene Terassen für Bootstouristen, die schon von einer jungen Gruppe belegt wurden, die ihre Sachen schnell überall verstreut haben, damit sich niemand anderer hinstellt. Es bliebe uns nur eine kleine schräge Stelle im letzten Winkel, wo es insgeheim nach Abwasser riecht. Fazit: im Moment überlaufen, verschmutzt, untragbar. (von einer weiteren Zeltmöglichkeit an diesem Platz erfuhren wir erst im Nachhinein). Wohin jetzt? Beim Herpaddeln sahen wir eineinhalb Kilometer entfernt am anderen Ufer einen komplett leeren Platz mit großen gepflegten Rasenflächen. Bundeszeltplatz, etwas mit Pfadfinder, Anlegen nur für Mitglieder usw. . Er ist auf meiner Jübermann-Karte auch nicht eingezeichnet, aber dies ist ein Notfall. Besser  dort mit jemandem Verhandeln als hier bleiben.


 Postkarte des VCP-Bundeszelplatz Großzerlang


Der VCP-Bundeszelplatz Großzerlang entpuppt sich zu unserer Freude als Station für Paddler, die hier einmal übernachten dürfen. Die Anlegestelle für Kanus liegt eher versteckt am Ufer, am Steg gibt es ein Kästchen mit Folder und der oben gezeigten Postkarte. Wir glauben zu träumen, als wir die riesige, gepflegte Anlage betreten. Mit einem weiteren Paddelpärchen sind wir so gut wie alleine hier. Am anderen Ufer das Gedränge der Platzhirschen und hier die Ruhe und Einsamkeit, ein unerwartetes Geschenk an diesem großartigen Tag! 

Ganz im Geist der Pfadfinder nehmen wir die Infrastruktur der Gastgeber in Anspruch, lesen folgsam alle Instruktionen mit dem Übermotto: Du sollst nichts hinterlassen als deinen Dank und einen guten Namen. Wir machen aus bereitgestellten Balken Feuerholz und ein kleines Lagerfeuer begleitet uns in die Nacht. 

Die weitläufige Anlage bietet Platz für Hunderte Jugendliche.

Am Morgen erscheint ein freundlicher Mann, welcher die Platzgebühr kassiert. 
Er meint dass wir besonderes Glück hätten, normalerweise sind so viele Jugendgruppen am Platz, dass wir kaum hier angelegt hätten. Der Zeltplatz ist de facto für die ganze Saison vor reserviert. Bald ist hier wieder alles voll.

Wir machen uns auf den Rückweg und bereiten uns für die Fahrt nach Bad Hersfeld vor.




Montag, 27. Juni 2011

Fürstenberg - Lychen

 
Morgendliche Ruhe am Zeltplatz Röblinsee

Gestern hatte ich ein Spielzeugschiff gefunden und heute scheint nach langer Regenzeit hier in der Region wieder die Sonne von einem strahlend blauen Himmel. Es fängt also gut an. Wir verabreden uns lose mit den Eltern, welche mit morgendlichem Elan das Boot bereits zum Ufer karren, während wir noch mit dem Frühstück beschäftigt sind.  Es ist Urlaub, wir haben Zeit, aber nicht zu lange, denn die herrlichen Seen warten nicht ewig in dieser jungfräulichen Schönheit.

 
Aufgelassene Fabrik an der Bahnlinie in Fürstenberg

Der zum Wasser ausgerichtete Teil der Architektur hat eine andere Funktion und Aussage als die landeinwärts ausgerichteten Teile. Man kann daran herauslesen, ob ein Ort ein Gewässer einbezieht oder nicht, sich z.B. einem Fluss öffnet, als Verkehrsweg schätzt oder sich davon abschirmt, ihn ignoriert, oder ihn nur als Kanal ausnützt. Bei Seen ist das Verhältnis relaxter, weil sich Seen gewöhnlich friedlicher gebärden als Flüsse, die Grenzen darstellen, Brücken und Dämme erfordern, weil sie gerne Hochwasser führen. Seen eignen sich gut für Tourismus. Die Havel ist durch die großen Wasserflächen in der fast ebenen Landschaft und den handlichen Wehranlagen gutmütigstes Zahmwasser, was sich darin äußert, dass knapp am, über und manchmal im Wasser gebaut werden kann.

 
Der Hinterhof von Fürstenberg ist ein kleines Venedig


In Fürstenberg gibt es zwar eine Schleusenanlage, es hat für Paddler jedoch wenig Sinn, diese zu benützen. Sie wird von einem Schleusenwärter betrieben welcher klarerweise wartet, bis sich die Kammer mit Motorbooten füllt. Es hat keinen Sinn, eine halbe Stunde oder länger zu warten, da es zwei Biegungen weiter den bekannte Kanu-Fisch-Pass gibt, wo Kanus und Kajaks problemlos hinunterrutschen - oder in der anderen Richtung - hinauf gezogen werden können. Gleich darunter hat die Stadt einen Anladeplatz eingerichtet, von dem aus man gut die Stadt und sanitäre Anlagen erreichen kann.


Gedenkstätte Frauen-KZ Ravensbrück
  
Hat man in dieser harmlosen und friedvollen Weise Fürstenberg durchquert, gelangt man in den Schwedtsee und am gegenüberliegenden Ufer prallt die Idylle auf ein Mahnmal, welches auf die dunkelsten Momente der Menschheitsgeschichte hinweist. Die Gedenkstätte Ravensbrück. Gleichgültige Menschen mit graugrauer Fantasie haben es hier sicher leichter. Es brauchte bei uns zwei Jahre Anlaufzeit, um dieses unfassbare Verbrechen als Urlaubseindruck zuzulassen. Mord verjährt bekanntlich nicht, alle Gedanken nach Gerechtigkeit werden von unserem stummen, fragenden Entsetzen verschluckt. Es genügt uns schon der vordere Teil der Anlage, wir wollen nur mit unserer Anwesenheit die unschuldigen Opfer huldigen und wieder verschwinden. Ich mache keine Fotos, keine Zeichnungen. Stumm lassen wir den in Stein gemeisselten Aufschrei unbeugsamer Frauen und deren Nachkommen in uns wirken, bedrückt schlendern wir an den Massengräbern entlang zu unseren Booten zurück.

Auf dem Transparent steht: "(...) die Natur hat alles Leid zuwachsen lassen; ich fand nur noch den Steg wo Siemens die Schiffe an der Havel beladen hat und ein paar Reste vom Sonderblock, den meine Tochter ausgebuddelt hat (...)" 

Nach dem Schrecken der Vergangenheit gleiten wir zurück in das mittägliche Treiben von Joggern, Radtouristen, Motorjachten und Ausflugsschiffen entlang der Havel. Noch wundere ich mich über die futuristischen Trainingsgeräte im rechten Auwald, als in einer kleinen Bucht links ein Transparent in der Sonne leuchtet. Es wirkt wie ein "Privatmonument" als besondere Vergangenheitsaufarbeitung. In den Sumpf gesteckte Tafeln bezeichnen das Gelände als ehemaliges Mädchen-KZ und Vernichtungslager, als Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark.  Eine im Laub liegende Metalltafel warnt vor den Gefahren des anschließenden militärischen Übungsgeländes und das ist, was besonders vor den Kopf stößt, dass solcherart belastete Orte gleich danach und noch lange militärischen Zwecken gedient hatten.
Nach ca. 2 km Havel gelangt man mit kaum merkbarer Strömung in den Stolpsee, der groß, aber noch überschaubar ist. Bei sommerlich - idealen Verhältnissen ist die Überquerung ein Kinderspiel und es bietet sich die Option an, den Lauf der Havel zu verlassen und links über die Schleuse Himmelpfort in Richtung Großen Lychensee zu paddeln.

Schleusenanlage Himmelpfort


Nach einem Wassersportklub kommt der Schleusenbereich mit einer Wartestelle für Sportboote und einer Instruktion zur Selbtschleusung. Das Prinzip ist einfach und technisch ausgereift, die Signalanlagen überdeutlich. Ein Monitor zeigt Istzustand und den jeweiligen nächsten Schritt an. Alles wird mit einem simplen Hebel ein- und weitergeleitet. Im Falle von Problemen existiert ein Notstopp.
Nach der Schleuse geht es über den Haussee in die Woblitz bei ganz leichter Gegenströmung und von da in den Großen Lychensee, wo man sich entscheiden muss, rechts oder links von der Insel die Route nach Lychen zu nehmen. Am Ende verengt sich der See und man gelangt nach einer Brücke in den Stadtsee, wo ich anhand eines winzigen Gabel/Messer-Piktogramms auf der Jübermann-Karte das Restaurant linker Hand ausfindig machen will. Was Paddeln betrifft noch relativ untrainiert sind diese 16 Kilometer am Stück durchaus geeignet ordentlichen Hunger und Durst zu erzeugen und zurück sollen wir ja auch noch. An der von mir vermuteten Stelle weist nichts auf ein Restaurant hin, von Gastronomie keine Spur.  Doch das Glück ist uns hold. Es naht eine Ruderin in einer kleinen Jolle, die uns gerne Auskunft gibt, vor dem Damm am Ende des Sees ist das Restaurant.

 Lychen

Der Platz an der Anlegestelle zum Restaurant ist knapp, da soeben drei Personen Kanadier und Ausrüstung über den Damm schleppen.  Wir warten mit unseren leeren Booten, bis sie ihren riesigen Berg an Seesäcken, Kanadiertonnen, Rucksäcken und sonstiges umschichten. Ich frage, wie viele sie denn seien, - na drei, sagt einer und nimmt die nächsten prall gefüllten Seesäcke in Empfang. Was und warum die so viel mitschleppen bleibt ein Rätsel, denn wir halten uns mit weiteren neugierigen Fragen zurück und steuern lieber einen freien Tisch an.

Wenn man schon an einem Tag 700 Kilometer fährt, um am anderen 16 zu paddeln, sollte man - so will es die Familientradition - mit aller Kraft danach trachten, dass das unentbehrliche Straßenfahrzeug während der Tour möglichst stehen gelassen wird. Es geht ja darum, sich mit eigener Kraft fort zu bewegen.  Daher wird kein familiärer Abholdienst herbei telefoniert und nach kulinarischem Genuss um 17 Uhr noch die 16 Kilometer des Retourweges in Angriff genommen Wir werden mit einer wunderbaren Abendstimmung am Wasser belohnt, auch wenn der jüngere Teil unseres Teams über die Schinderei am ersten Tag etwas mault.

Starre Boote wollen hoch zu PKW transportiert werden. Aber ist erst ein sicherer Abstellplatz gefunden, kann man sich für ein paar Tage vom Autogebrauch psychologisch distanzieren.










Sonntag, 26. Juni 2011

Einpaddeln in Mecklenburg

Anfahrt aus Polen.                                                                                                     

Wir verlassen Krakau und damit den Osten der meteorologisch noch immer von einer ausklingenden Hitzeperiode dominiert wird, welche in Polen seit Mai für eine derartige Dürre gesorgt hat, dass die Bauern um ihre Feldfrucht bangen. Im Westen zeigen die Wolken über dem nachbarstaatlichen Territorium vor uns ein ausgedehntes regnerisches Tief.  An der Grenze empfängt uns der erste Regen, welcher in Deutschland wiederum seit längerem für Klagen über unsommerliche Kälte sorgt. Wir sind anfangs noch froh über diese Abkühlung und mit unserem Optimismus tritt gegen Abend tatsächlich eine Besserung ein, dass heißt - Sonnenschein in Fürstenberg, bei unserer Ankunft am Campingplatz Röblinsee.

Wie kann man nur nach Deutschland fahren um Urlaub zu machen? Ehec-Epidemie, schlechtes Wetter und sicher nicht billiger oder prestigeträchtiger als eine exotische südliche Feriendestination, so der Stand der Dinge. Wir haben an einem Tag an die 700 Kilometer mit dem Auto zurückgelegt, mit zwei Booten am Dach, unserem Prijon HTP- Kanadier und der Prijon Cruiser 320 des Juniors.  Auf die Boote komme ich vielleicht später zurück. Eigentlich sind Fulda und Weser unser Ziel, wir sind jedoch deshalb hier oben, weil meine Eltern hier Station machen - zwei Paddel-Veteranen mit jahrzehntelanger Erfahrung auf Flüssen, Seen, Meeren.
Nach dem ersten noch linkischen Zeltaufbau, jedes Jahr muss der reibungslose Ablauf neu eingelernt werden, suchen wir "unsere" Pizzeria vom vorletzten Jahr auf. Sie wird von schrulligen Italienern betrieben, diesmal wirkt das Lokal wie eine Baustelle, der Gastgarten etwas vernachlässigt,  aber der Chef lässt bei unserem Erscheinen trotz umfangreicher Renovierungsarbeiten den Ofen anwerfen. Wir beobachten das familiäre Treiben, oben sieht eine Frau aus dem Fenster. Die Wartezeit lohnt sich doppelt, ich nütze sie für die erste kleine Skizze auf unserer Reise.
Neben dem Zeltplatz-Gelände gibt es ein Strandbad mit zwei Stegen, die nun kühl und leer in die letzten Strahlen der Abendsonne am See hinauslaufen. Dort will ich mich hinsetzen. Eine Villa am anderen Ufer. Mit der Zeit wird es kalt und ich schendere zurück, streife mit dem Blick am Uferstreifen des Spielplatzes und traue meinen Augen nicht.
Nach Jahrzehnte ging ein heißer, inniger Kinderwunsch in Erfüllung!
Dort liegt ein Schiff! Ich habe ein Spielzeugschiff am Strand gefunden!
Natürlich ist es um Jahrzehnte zu spät, mein kindlicher Spieltrieb erloschen, aber die Erinnerung lebt weiter, wie sehr ich mich als Kind auf der Donau danach sehnte ein herrenloses Spielzeugschiff zu finden, bei all den Kanälen, Dämmen, Kraftwerken und Seen, die ich in Sand- und Schotterbänke gebaut hatte.
Irgendwann werden alle echten Träume wahr und wenn auch dieses liebliche Ereignis meinen ursprünglichen Enthusiasmus nicht mehr wecken kann, so ehre ich zumindest die Situation mit einer weiteren kleinen Skizze.