Fulda - Weser und Loire

Samstag, 20. Juli 2013

Auf Wiedersehen in Nantes


Fasziniert beobachten wir den großen Unterschied von mehreren Metern, ich schätze auf ca. vier, zwischen Ebbe und Flut im Binnenland. Das Wasser läuft ab, der große "See" von gestern schickt sich an, fast gänzlich trocken zu fallen. Ein ständiges Hin und Her und das Tag für Tag, solange Erde, Sonne, Mond und das Meer existieren. 

Wir wandern zur Verbindungsstraße nach Thoreau, an der Kreuzung finden wir die Bushaltestelle, welche uns die freundliche Dame an der Accueil beschrieben hat. Wir werden auch gleich von einem lebenslustigen Algerier angesprochen, der dort plaudernd neben einem Asiaten sitzt und sich spontan als Fremdenführer anbietet und uns auf dem Weg ins Zentrum begleitet, alles erklärt und von wegen Sprachbarriere seine Lebensgeschichte und persönlichen Interessen mit Händen und Füßen erzählt. Einerseits freuen wir uns über die hilfreichen Tipps eines Ortskundigen, andererseits kommt manchmal die warnende Stimme des Misstrauens hoch, ob man da als naiver Tourist in eine Falle gelockt wird. Aber wir tun ihm insgeheim unrecht damit, der Kerl ist einfach nur gut gelaunt, müht sich mit unserem Fanzenglish redlich ab, zeigt uns den richtigen Weg, verabschiedet sich freundlich und nach dem Umsteigen in eine Straßenbahn unterhält er sich in der selben sonnigen Art mit seinem nächsten zufälligen Gegenüber, einem eleganten Schwarzen in Smoking, der ihn angrinst wie ein alter Freund. Einfach keine Lebensminute mit Langeweile vergeuden!

Mit der Altstadt von Nantes ist das Schloss der Herzöge der Bretagne 
unser Schwerpunkt des heutigen Tages, da es mit dem Historischen Museum einige unserer eklatanten Wissenslücken stopfen könnte. Die darin befindliche Exposition geht sehr plastisch auf die Geschichte der Region ein, vom Detail auf das Ganze und retour, inklusive der psychosozialen Umbrüche und Einschnitte im Lauf der Jahrhunderte. Gerade der lange Wasserweg der Loire, den wir soeben hinter uns gebracht haben, macht uns sensibel für das Schicksal dieser "Chimäre, hervor gewachsen aus Loire und Atlantik, nicht richtig Fluss, nicht richtig Meer..." .

Und es reift der unausgesprochene Entschluss, diesen kleinen Sprung in den Atlantik zu wagen, ebenfalls chimärenhaft mit Auto und offenem Kanu werden wir uns über dem Landweg zur nahen Küste des Ozeans wagen und als Abschluss des krönenden Abschlusses dem Boot und uns eine kleine Meerestaufe gönnen, als waghalsig mit der Brandung kämpfende Badegäste. Mit unserem offenen Boot einfach in die Lagune weiter hinaus zu paddeln, wäre sicher kein Ding der Unmöglichkeit, aber eine fahrlässige Gefährdung des eigenen Lebens, da einem die Weiterfahrt ab Nantes ausschließlich mit seetüchtigem Material (& entsprechende Kenntnis) ans Herz gelegt wird. 

Es ist also an der Zeit, hier Abschied zu nehmen, wir danken für das eventuelle Interesse an unserer kleinen Reise, eine Nischenaktivität unter den geheimen Fittichen einer lieblichen Loire.

















Freitag, 19. Juli 2013

Abschluss Oudon - Nantes

Es ist unsere letzte Etappe, ausgeheckt in letzter Minute. Bei weiterhin strahlendem Sonnenschein sind wir zwei Stunden früher am Wasser als sonst. Wir genießen nun besonders die letzten Flusskilometer, haben keine Eile, ein letzter langer Blick noch auf das schöne Oudon.

Die Flut hat den Wasserspiegel  um einen halben Meter angehoben, aber es strömt immer noch flussabwärts. Erst nach einer Straßenbrücke bei Thouare-sur-Loire kommt uns das Wasser definitiv entgegen.
 Wir bewegen uns nun relativ langsam dicht am Ufer flussabwärts. Alle potentiellen Strände sind überflutet, Bäume und Sträucher stehen im Wasser. Die herauf strömende Lagunenatmosphäre bildet einen wunderbaren Abschluss unserer Tour. Zahlreiche Vögel sitzen in den Uferbäumen, vor allem die Möwen machen sich mit ihrem Geschrei bemerkbar.  Unter die Straßenbrücke km 945,5 umfahren wir im Hauptstrom links eine große Insel, welche uns vom Campingplatz trennt. Der rechte Seitenarm wird durch zahlreiche Wehre blockiert, die bei Ebbe alle trocken fallen. Als wir jedoch von unten in den Arm einfahren, ist gerade der Höhepunkt der Flut vorüber und wo gestern eine schmale, verblockte Rinne zu sehen war, erstreckt sich nun ein breiter See. Die Wehre sind soweit das Auge reicht komplett überflutet. Die gestrige Erkundungsfahrt erleichtert das Auffinden des Ausstiegs. Der Campingplatz Belle Riviere ist vom Wasser aus nicht zu sehen, dafür ein vorgelagertes Kieswerk. Zum Glück ist Ostwind und die Staubschwaden der Lastwagen weht es in die andere Richtung. 
Wir haben noch genug Zeit und gönnen uns als krönenden Abschluss ein kühles Bad an einem gegenüber liegenden Strand.  

Der Mann von gestern ist heute nicht zuständig, die Chefin hört sich alles nochmals an. Es dauert ein wenig, bis wir an der Rezeption unsere kompliziert klingenden Manöver verständlich machen können.  Zelt aufbauen - mit dem Zug nach Oudon - Auto holen - zwei Nächte bleiben. Paddler dürfte es hier selten her verschlagen haben.

Aber nun ist es geschafft, das Zelt steht, das Auto ist auch da und mit dem herannahenden Abend werden wir zusehends von durchwegs deutschen Radlern umringt, die - zumindest heute - vergleichsweise wenig Unterhaltung und Lebensfreude mitbringen, im Vergleich zu den lebendigen Franzosen. Eher mürrisch hocken sie an ihren Tischen, sind peinlich darauf bedacht, dass außerhalb ihrer Kreise die Kapsel der Anonymität nicht aufplatzt, verunsichert misstrauisch oder einfach nur K.O. vom Radeln? Wenigstens spielt der Nachwuchs da nicht mit und stürzt sich ins lautstarke französische Getümmel am mittig gelegenen Spielplatz - Tischtennis, Minigolf, Schaukeln, Sandkästen, Lachen, Schreien und Herumrennen, alles was das Kinderherz begehrt.