Fulda - Weser und Loire

Sonntag, 8. Juli 2012

Unterhalb Thareau bis zum wilden Platz bei Beárd

Das Wetter hat hier sehr viel Platz und in dieser Nacht wird er ausgiebig von Gewitterfronten genutzt. Sie laufen stundenlang hintereinander und nebeneinander von West nach Ost. "Doch Gottes schützende Hand hält die Blitze fern." und es blitzt so hell und kracht so sehr, dass man daran glaubt.

Am Morgen ist es locker bewölkt, die Stimmung ist gut. Ich schaue mit dem Feldstecher zu den "Indianern" hinunter, wie sie die Nacht überstanden haben.  Das Zelt ist weg und ich belinse eine größere Gruppe am Strand beim Bepacken der Boote. Die haben es eiliger als wir. Mir ist es nur recht, wenn das Zelt trocken in den Sack kommt. 

Wir paddeln durch bis Decice (km 425), zwei junge Franzosen in einem Kanadier grüßen und rufen uns freudig zu. Dann treffen wir am linken Ufer an der Umsetzstelle beim Kraftwerk auf jene "Indianer", die sich als größere Gruppe Deutscher entpuppt, ein paar Erwachsene mit einigen Jugendlichen. Leichter Nieselregen setzt ein. Unaufgefordert springt ein Herr mit ordentlicher Schwimmweste heran und hilft beim Herausziehen des Kanadiers. Doch ansonsten sind diese Leute eher abwesend oder abweisend, es kommt keine Unterhaltung oder gar Zusammenarbeit beim Umtragen zustande, was in dieser Situation hilfreich wäre. Sie stehen in perfekter Ausrüstung nur maulfaul vor ihren Booten und ich erfahre immerhin, dass sie auf einen ihrer Experten warten, der die Umsetz-Möglichkeiten am anderen Ufer erforschen will. Das finde ich grotesk, denn hier sind es nur wenige Schritte durch den Wald, am rechten Ufer hoher Ausstieg und ca. ein halber Kilometer.

Wie sie wollen, wir beeilen uns, das Gepäck und die Boote durch den Wald zu bringen, bevor sich der wartende Tross in Bewegung setzt und wir im Regen Schlange stehen müssen. Kaum sitzen wir im Boot, bemerke ich, dass meine Sonnenbrille aus dem T-Shirt gefallen ist, verloren beim etwas zu hektischen Beladen am sandigen Ufer. Mist, schnell zurück, doch schon ziehen die Jugendlichen ihre Kajaks schwungvoll durch den Sand ins Wasser, zertreten und versenken jede Hoffnung auf ein Wiederfinden, gleich darauf stapfen alle dicht gedrängt nach unten... Zurufen zwecklos - adiós Brille. Naja, zumindest der Regen hat wieder aufgehört.


Wir machen uns Gedanken über unangenehme Begegnungen. Es liegt sicher an einem selber, wenn manche Leute so nervend wahr genommen werden. Wahrscheinlich wird man nach einigen Tagen in der  Wildnis besonders empfindlich und "unkompatibel" für eine diffuse Gruppendynamik. Aber es kommt auf diesem schönen Fluss nicht in Frage, dass man Menschen ausblendet wie in der U-Bahn.

Wir nehmen uns Zeit, bewundern die Landschaft bei sonnigem Wetter. Ein angenehmes Picknick passt auch noch in den Nachmittag.
Und danach haben wir nichts weiter zu tun, als einen schönen wilden Zeltplatz zu finden.


Den entdecken wir schließlich gegenüber von Béard (ca. km 439). Wieder hohes saftiges Gras, der sauberste und weichste Untergrund zum Zelten, keine Spuren von Wildschweinen.

 Schon beginne ich den Unterboden auszurollen, da bemerke ich, dass die Gräser komplett von Brombeerranken unterwandert sind. Sofort entferne ich die Plane und beginne gewissenhaft mit dem Armeemesser sämtliche Dornen auszujäten.  Bliebe nur eine, wäre der neue Zeltboden perforiert und mit etwas Murphy auch noch die Luftmatratze.


An diesem Abend ist kein Gewitter in der Luft, es wird eine ruhige Nacht. Zwischen uns und dem Ufer ein sumpfiger, verwachsener Seitenarm, dahinter undurchdringliches Dickicht. Diese Stelle wird wohl ab und zu von Fischern aufgesucht, die vom Wasser her kommen. Wir genießen die Ruhe, das Refugium der Wildtiere bei einer bescheidenen Kerze, lesen still und schauen über den Strom in die Dämmerung. Fischfangende Vögel ziehen auf regelmäßigen Routen auf und ab, lassen sich im Abendlicht geschickt auf das Wasser fallen.  Auf der gegenüberliegenden Seite dichter Wald, auf einer Schotterbank ist die Herde weißer Kühe schon nach Hause gegangen. Als einziges Zeichen menschlicher Präsenz sticht in der Ferne ein Kirchtürmlein zwischen den Baumwipfeln hervor, beruhigt unsere kindlichen Seelen in der Abgeschiedenheit. Einfach göttlich.








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